Pressemitteilung der Initiative "Die Kirche(n) im Dorf lassen" vom 11. Mai 2020

Initiative „Die Kirche(n) im Dorf lassen” lädt zum „Gottesdienst an der Kante”

An der L277/L354 bei Keyenberg*, Samstag, den 16. Mai 2020, 17 Uhr

Der Bagger steht 200 m vor dem Dorfeingang Keyenberg. Während das Land unter Corona still steht und trotz ausstehender Leitentscheidung gräbt RWE weiter – bis an das Dorf heran. Versuche, die ­Öffentlichkeit auf diese Situation aufmerksam zu machen und mit Aktionen wie einer Menschenkette dagegen zu pro­testieren, wurden – unter Verweis auf Corona – verboten.

In dieser Situation akuter Bedrohung lädt die Initiative „Die Kirche(n) im Dorf lassen” – in Zusammenarbeit mit dem Institut für Theologie und Politik, Münster, mit Unterstützung des Katholikenrats Düren, dem ev. Kirchenkreis Jülich und dem Bündnis „Alle Dörfer bleiben” – zu einem Gottesdienst ein: „an der Kante”, mit Blick auf den näher rückenden Bagger.

Thema des Gottesdienstes ist der Schutz des Dorfes, seiner Menschen – und nicht zuletzt seiner Kirche. Die für 2023 geplante Zerstörung Keyenbergs ist Teil noch viel größerer, weltweiter Zerstörung. Der Gottesdienst will daher einen explizit christlichen Blick auf die Beziehung von Menschen und “Mitwelt” werfen. Er thematisiert die Schöpfung als Geschenk Gottes – ihre Bewahrung als Aufgabe und Herausforderung für alle Christ*innen,  ihre Zerstörung als Zurückweisung göttlicher Fürsorge, als Bruch des Bundes zwischen Gott und den Menschen. Und nicht zuletzt will er Hoffnung machen: Auf eine Welt, die nach Gerechtigkeit für die ganze Schöpfung strebt, eine Welt, die erste Schritte macht auf dem Weg zum Reich Gottes auf Erden.
Wir laden ausdrücklich alle zu diesem Gottesdienst ein, Christ*innen wie Nicht-Christ*innen, Engagierte für Klimagerechtigkeit wie Skeptiker, denn: „Wir wollen für ein neues Verständnis von Ökumene ein­stehen: die Gemeinschaft all derer, ChristInnen wie Nicht-ChristInnen, die sich dafür einsetzen, dass diese Erde bewohnbar bleibt, die ein gutes Leben für alle erkämpfen wollen. Dafür ist organisierter Widerstand durch Soziale Bewegungen „von unten“ wichtig, im Rheinland, in Europa, weltweit.“ (Abschlußerklärung der „Klimasynode von unten”, Dü­ren 2019)

Die Initiative “Die Kirche(n) im Dorf lassen” entstand aus dem lokalen Widerstand gegen den lebensfeindlichen Tagebau in den bedrohten Dörfern. Überregional wurde sie mit einer Unterschriftenaktion u.a. auf dem Katholikentag 2018 bekannt: Sie forderte die Bischöfe von Köln und Aachen auf, die von den Baggern bedrohten Kirchen nicht an RWE zu verkaufen, sondern sich nur einer gerichtlich verfügten Enteignung zu beugen – und sich so mit den Menschen in den bedrohten Dörfern zu solidarisieren. Die Bischöfe verweigerten die Annahme der knapp viertausend Unterschriften, die Kirchen sind inzwischen alle an RWE verkauft worden.

Über den konkreten Einsatz für die bedrohten Kirchen hinaus versteht sich die Initiative als Teil der weltweiten Bewegung für globale Klimagerechtigkeit. Gleichzeitig sieht sie sich als als Teil einer wachsenden christlichen Klimabewegung: Sie existiert längst, zeigt sich in vielfältigen Aktionen, ob auf lokaler Ebene, in Gemeinden, in- und außerhalb kirchlicher Strukturen, spektakulär mit Gottesdiensten und Sitzblockaden im Hambacher Wald oder eher diskursiv bei der „Klimasynode von unten“. Diese Ansätze wollen die Initiative „Die Kirche(n) im Dorf lassen” – über regionale Grenzen hinaus – sichtbar machen und mit eigenen Aktionen fortführen und stärken.