Dokumentation:
25.11.2021 - Antwort des Bistums auf den Offenen Brief von "Die Kirche(n) im Dorf lassen" vom 31. August 2021:
Die Kirchen am Tagebau Garzweiler
Sehr geehrter Herr Kehrmann,
sehr geehrte Mitunterzeichnende,
Ihren Brief vom 31.08.2021 hat Bischof Dr. Dieser erhalten und mit großem Interesse gelesen.
In seinem Namen darf ich Ihnen für Ihr Engagement danken und Ihnen antworten, da ich gebe-
ten bin die Fragen, die mit den Fragen des Braunkohleabbaus verbunden sind, für das Bistum
zu koordinieren.
Nach intensiver Beratung im Priesterrat hat Bischof Dr. Dieser der Entwidmung der Kirchen in
Keyenberg und Kuckum und der Kapelle in Berverath zum 28.11.2021 zugestimmt. Der am Wo-
chenende von der Pfarrei Christkönig veröffentlichte Brief gibt dazu detaillierter Auskunft. Damit
hat der Bischof dem ausdrücklichen Wunsch der Gremien und der Leitung der Pfarrei entspro-
chen. Die Entscheidung ist ihm nicht leicht gefallen, da es Gemeindemitglieder gibt, die z.T.
noch in den Orten wohnen, denen die Möglichkeit einer weiteren Nutzung der Kirchen ein Anlie-
gen ist. Mit einigen dieser Gemeindemitglieder hat sich Bischof Dr. Dieser im Oktober getroffen.
Die Inhalte des Gesprächs fließen in die Überlegungen zur weiteren pastoralen Arbeit vor Ort
und in der Region ein. Das ist auch der Grund für den relativ späten Zeitpunkt dieser Antwort.
Nach der Entwidmung werden die Kirchen vertragsgemäß an RWE übergeben. Dazu bietet die
Rechtslage auch nach Einschätzung unserer Rechtsabteilung keine Alternative. Dennoch ist
dies keine Zustimmung zur Fortführung des Tagebaus und zum Abriss der Orte, wie Bischof
Dieser ausdrücklich und öffentlich festhält. Das Bistum setzt sich auch in Kontakten und Ge-
sprächen mit der Landesregierung und RWE für eine rasche Entscheidung zum Erhalt der Dör-
fer ein und damit auch für den Erhalt der Kirchengebäude ein. Die Überlegungen über deren weitere Nutzung müssen dann aus unserer Sicht Teil eines partizipativen Prozesses der Neuge-
staltung sein.
Auch wenn sich die Positionen Ihrer Initiative und die des Bistums bezüglich der Entwidmung
der Kirchen unterscheiden, sehen wir in dem Einsatz für die Pariser Klimaziele und den Erhalt
der Dörfer doch die zugrundeliegenden gemeinsamen Anliegen. Eine Reduktion der Emissio-
nen aus der Braunkohleverstromung und folglich der Tagebaue ist unerlässlich. Aktuelle Äuße-
rungen der Landes- und Bundespolitik sowie der RWE Spitze über einen früheren Kohleaus-
stieg bis 2030 müssen schnell konkreter werden, um den betroffenen Menschen Sicherheit zu
geben und um die verabredeten Klimaziele erreichen zu können. Das Engagement für einen
schnelleren Kohleausstieg bleibt notwendig.
Kurz möchte ich Ihnen darum noch von den Dialoginitiativen berichten, die Bischof Dr. Dieser
angestoßen hat und die wir auf der diözesanen Ebene im Kontext der Braunkohlethematik
versuchen auf den Weg zu bringen:
I. Zu den pastorale Herausforderungen
1. Wir arbeiten weiter daran, wo und wie die besondere pastorale Entwicklung in den
Gemeinden Erkelenz und Merzenich begleitet und unterstützt werden kann.
2. In Vorbereitung ist ein ergänzendes, personales, innovatives und exploratives Angebot für
(junge) Menschen, die sich als Christinnen und Christen aktionsbezogen für Klimaschutz und
schnelleren Kohleausstieg an den Hotspots Garzweiler und Hambach einsetzen.
II. Zu den gesellschaftlichen und sozialen Herausforderungen
1. Weiter gearbeitet wird an einer kohärenten klimapolitische Positionierung des Bistums durch
das Referat Kirche in der Gesellschaft im Generalvikariat.
2. In Prüfung ist die Einrichtung einer befristeten Projektstelle unter dem Arbeitstitel
„RevierTransfer“: Für die sozial-ökologische Transformation braucht es neben wirtschaftlich-
technischer Perspektive einen wertorientieren kulturellen Prozess. Dazu will die Kirche im
Bistum Aachen auf Basis ihrer Sozialethik einen Beitrag leisten. In dem sich entwickelnden
Politikfeld Strukturwandel sollen die kirchlichen Akteure vernetzt und unterstützt werden.
III. In Gesprächen und Kontakten mit RWE-Vorstand und Landesregierung
sollen Perspektiven und wechselseitigen Erwartungen geklärt werden, von Seiten des Bistums
mit Blick auf die betroffenen Menschen in der Region und vor dem Hintergrund der
gemeinsamen Verantwortung für eine nachhaltige Klimawende. Dabei wird sich Bischof Dr.
Dieser für eine neue Perspektive der Dörfer mit ihren Kirchengebäuden einsetzen.
IV. Zur Nachhaltigkeit im Bistum
Eine AG im Generalvikariat hat das Querschnittsthema Nachhaltigkeit im Heute-bei-dir-Prozess
bearbeitet und Leitlinien für nachhaltiges Handeln im Bistum Aachen erarbeitet. Diese werden
aktuell im Synodalkreis beraten und kommen ab Frühjahr 2022 zur Umsetzung.
Ich möchte es nicht versäumen, Ihnen als Initiative „Die Kirche(n) im Dorf lassen“ auch für die
Gottesdienste an der Kante danken. Sie machen mit diesem Engagement auch die geistliche,
vom Evangelium inspirierte Dimension im Ringen um die Zukunft der Region und weltweite Kli-
magerechtigkeit erlebbar und geben damit vielen Menschen Hoffnung und Kraft im Vertrauen
auf Gottes bleibende Wegbegleitung.
Mit Dank und freundlichen Grüßen
Markus Offner
Abteilungsleiter Grundfragen und -aufgaben der Pastoral