Gottesdienst an der Kante am 27. Juni 2021

Es war einmal ... eine Kapelle in Lützerath

Es stand einmal eine Kapelle in Lützerath, eine Wegekapelle direkt an der Einmündung der heutigen L277 in den Ort. Vermutlich gebaut und gestiftet von früheren Besitzern des Heukamp'schen Hofes. Von dieser Kapelle sind heute nur noch die Grundmauern zu sehen, von Gestrüpp überwachsen. Und trotzdem zeugt dieses Fleckchen Erde auch heute noch davon, daß Menschen andere, ihnen wichtigere Überzeugungen hatten als die Fragen des täglichen (Über)lebens, nach Grundbesitz und Ernteertrag.

Dieser Menschen wollen wir gedenken, uns mit ihnen verbinden, indem wir hier, an diesem von ihnen vor Zeiten gewählten Ort erneut ein Zeichen setzen. Ein Zeichen der Hoffnung, der Versöhnung, des Ausgleichs – mit allem Menschen dieser Erde, mit der Schöpfung selbst. Ein Zeichen gegen die gedankenlose, nur an Profit orientierte Zerstörung, die wenige hundert Meter von hier täglich weitergeht.

In einer der ältesten und fernsten Erzählungen der Bibel kommen drei Männer zu Sarah und Abraham, einem kinderlosen alten Paar - bei Sarah hatte der weibliche Zyklus schon lange aufgehört. Einer von ihnen sagte: „Ich komme ganz sicher zu dir zurück – zur Zeit, die das Leben braucht. Und siehe, dann hat Sarah, deine Frau, einen Sohn." (...) Da jauchzte Sarah innerlich und dachte: »Nachdem ich verbraucht bin, soll ich Liebeslust bekommen?" (aus Gen 18,10-12)
Mit dieser Erzählung wollen wir uns aufrichten angesichts von Zerstörung und Hoffnungslosigkeit durch den nahenden Bagger und die zugemauerten Häuser. Dazu spüren wir der Frage nach, wie Sarahs Jauchzen, ihre hoffnungsvolle Freude, ihr späteres Zurückweichen und die abschließende Bestärkung ihrer Hoffnung zusammen gedacht werden können.
Aus zuverlässiger Quelle hat #KichenImDorfLassen erfahren, dass das Grundstück der früheren Kapelle (rund 40 m² groß) weder Eckhard Heukamp noch RWE gehört, sondern immer noch Eigentum der (lange aufgehobenen) Kirchengemeinde Immerath bzw. deren Rechtsnachfolgerin ist. Menschen aus dem Umfeld der Initiative haben der Pfarrei Christkönig in Erkelenz, der wahrscheinlichen Rechtsnachfolgerin, ein Kaufangebot für dieses Kapellengrundstück unterbreitet: „Wir sind bereit, ein Vielfaches des Verkehrswertes zu zahlen, um mit einem kleinen Denkmal an die vor Zeiten dort errichtete Kapelle zu erinnern. Es soll ein Gedenkort gegen die in unmittelbarer Nähe stattfindende Zerstörung von Gottes Schöpfung sein und so die wunderbaren Worte des Hl. Vaters aus seiner Enzyklika Laudato Sí vor Ort präsent machen,“ so Dr. Anselm Meyer- Antz von „Die Kirche(n) im Dorf lassen“. Keinesfalls darf das Grundstück – wie in der Vergangenheit so oft! – an der Öffentlichkeit vorbei, kritik- und verantwortungslos an RWE verschachert werden!
Der Aachener Bischof Dieser hat öffentlich und selbstkritisch darauf hingewiesen, daß der verfrühte Verkauf der Kirchen in den bedrohten Dörfern an RWE ein Fehler war, daß diese Politik überdacht werden muß. Wir appellieren an ihn: Hier bietet sich Ihnen die Chance, fragwürdig gewordenen Prozesse aufzuhalten und mit diesem kleinen, aber äußerst symbolischen Stückchen Land Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Hier können Sie ein Zeichen setzen – nicht nur für die Bewohner*innen der bedrohten Dörfer sondern grundsätzlicher für die dringende Notwendigkeit, den CO2-Ausstoß zu reduzieren und so das Leben auf diesem Planeten zu schützen.“

Fotos: © Barbara Schnell

Über die Geschichte der Kapelle ist wenig bekannt: „Von der Topographie her lässt sich auf einen Bau des 19. Jahrhunderts schließen, gebaut vermutlich von Vorbesitzern des Heukamp'schen Hofes, die ihn als fromme Stiftung der Pfarrei Immerath übergeben haben. Nach dem Verfall der Kapelle wurde ein einfaches Wegekreuz errichtet. Die vorhandenen Stufen sind noch gut erkennbar. Und trotzdem zeugt dieses Fleckchen Erde auch heute noch davon, daß Menschen andere, ihnen wichtigere Überzeugungen hatten als die Fragen des täglichen (Über)lebens, nach Grundbesitz und Ernteertrag. Dieser Menschen wollen wir gedenken, uns mit ihnen verbinden, indem wir hier, an diesem von ihnen vor Zeiten gewählten Ort erneut ein Zeichen setzen. Ein Zeichen der Hoffnung, der Versöhnung, des Ausgleichs – mit allem Menschen dieser Erde, mit der Schöpfung selbst. Ein Zeichen gegen die gedankenlose, nur an Profit orientierte Zerstörung, die wenige hundert Meter von hier täglich weitergeht.

 

Es war einmal… So fangen Märchen an. Laßt uns endlich anfangen, an Märchen zu glauben!

 

Hier gibt es ein Video zum Gottesdienst. Pressemitteilung zum Thema.